Bora Bora liegt so nah
Die kroatische Küste hat uns bisher gar vieles geboten. Oben in den Bergen liegt noch Schnee, was selbst die Einheimischen erstaunt kommentieren. Weiter unten haben wir förmlich ein Wechselbad der Klimata: Regen, Wolken, Sonne – für jeden ist etwas dabei. Tagsüber hat Petrus mit uns meist ein kleines Einsehen und wir brauchen die Goretex-Kluft nur selten zu montieren. So geht es flott voran und der freundliche Sonnenschein am späten Nachmittag motiviert uns sogar dazu, erstmals das Zelt aufzustellen und Campingluft zu schnuppern. Natürlich sind die Zeltplätze noch in tiefem Winterschlaf, aber an einer ganz hübschen Bucht stehen zwei ältere Herren bei der geschlossenen Rezeption und meinen, wir könnten problemlos hier campieren. Es gebe einfach kein Wasser und Strom – was uns überhaupt nicht kümmert. Also nichts wie hin, eine windgeschützte Stelle suchen und schon ist unser Nachtlager bereit.
Bei strahlender Sonne gibts Apéro mit Bier aus der 2-Liter-Familienflasche (!), wenig später ist ein Topf Pasta mit Pesto bereit, den wir mit traumhaftem Blick auf den Sonnenuntergang über dem Meer geniessen. Danke Petrus, denken wir, und kriechen schon bald in unsere Schlafsäcke. Petrus hingegen denkt noch nicht an Schlaf und meldet seiner Angestellten, Frau Bora, sie möge doch bitte etwas Wind an die zwei vorlauten, aussersaisonalen Camper da unten an der Küste schicken.
Die Nacht geht dann auch ein als windigste Zeltnacht seit langem ein. Die Böen zwingen mich, mitten in der Nacht aufzustehen und zusätzliche Abspannschnüre zu spannen. Irgendwann spickt es auch die Verankerung der Apside weg und wir finden am nächsten Morgen trotz intensiver Suche den Hering nicht mehr. Verlustmeldung Nummer 1: Minus 1 Hering!
Neuer Tag, neues Glück? Die Bora hat kein Einsehen und wir sind mitten im Orkan. Über das Meer peitschen die Böen, die Wellen toben um die Wette und uns pfeift es mit mindestens 70km/h um die Ohren. Wir halten mit unseren gepanzerten Velos dagegen, stellen aber bald fest, dass wir krass untermotorisiert sind. Es gibt schlicht kein Fortkommen und das Fahren ist auch zu gefährlich, denn die Windrichtung ändert sehr abrupt und plötzlich bläst es einem von der Seite fast von der Strasse weg. Es ist hier nicht unüblich, dass die Küstenstrasse wegen der Bora gesperrt wird. Für den kleinen Mann mit dem Velo gilt das noch eher, weshalb wir uns zur Umkehr entschliessen. Wir kommen bei einer netten Dame unter und geniessen den Nachmittag auf ihrer windgeschützten Terrasse. Schon der nächste Tag bringt uns etwas milder gestimmtes Wetter, und wir fahren weiter bis auf die Insel Pag.
Auch haben wir uns mit den Feinheiten der kroatischen Strassenverkehrsordnung vertraut gemacht. Beim Überholen von Fahrzeugen sollte man sich jeweils vergewissern, ob diese ein Nummernschild haben oder nicht. Mancherorts scheint das Passieren von nummernbeschilderten (benummernschilderten?) Autos eher erlaubt zu sein als anderswo. Dies unser Fazit nach einer recht repräsentativen Begutachtung von gut 250 der folgenden beiden Schildervarianten:
Vielleicht ist es auch ganz anders, wer weiss! 😉 Da wir recht selten Autos überholen, beachten wir dieses kleine Detail nicht weiter. Viel eher merken wir den Unterschied zu Italien beim Vorbeifahren – die Kroaten gestehen uns nicht mehr so viel Abstand ein und bremsen nur im äussersten Notfall.
Auf der Insel kommen wir per Couchsurfing bei Sean unter, der ein herziges Hostal führt und ausserhalb der Saison auch mal kostenlos Zimmer zur Verfügung stellt. Die Partystadt Novalja ist derzeit im Tiefschlaf und in der Nacht regnet es in Strömen. Wir lassen die ärgsten Regenwolken vorbeiziehen und fahren erst am Mittag los mit dem Ziel Zadar. Eine Fahrt durch die bizarre Steinlandschaft der Insel – die Schafe tun einem fast schon leid bei dem mageren Angebot an Grünzeug. Hier wird der berühmte Paški Sir hergestellt. Wir machen einen Boxenstopp bei der Käserei und decken uns mit allerhand Käsevarianten ein. Und dann, schwuppdiwupp, feiern wir unser erstes Jubiläum: Die ersten 1000 Kilometer sind abgestrampelt! Erst gut zwei Wochen unterwegs, das ging ja flott und wir haben schon so viel erlebt, einfach wunderbar!
Wir nehmen zur kurzen Feier des Moments einen Extraschluck Mirtillensaft und geniessen den süssen Duft, der vom nahen Feld voller wilder Osterglocken auf die Strasse weht. Dann gehts weiter. Die Etappe nach Zadar ist strenger als gedacht, zuletzt sind es doch 80km, etliche Höhenmeter und zum Schluss nochmals Regen und Kälte.
Nun haben wir einen weiteren Ruhetag eingelegt und die Stadt zeigt sich uns von ihrer schönsten Seite. Erinnerungen werden wach: Hier waren wir schon in unseren allerersten Veloferien, nun sitzen wir im selben Kaffee wie damals. Wir haben jetzt aber mehr Zeit, schlendern der Promenade entlang zur „Meeresorgel“ und tanken erstmals ausgiebig Sonne. Ausserdem haben wir ein eigenes Appartement mitten in der Altstadt. Fühlt sich an wie richtige Ferien!
4 Kommentare
Herr K.
Gute Güte. Schon eine Million Meter abgestrampelt! Herzliche Gratulation Euch beiden Monsterwädlis. Čestitamo!
Sheila
Hey ihr zwei
Congratulations zu den ersten 1000 Kilometern!!!
Herzlichen Dank für den tollen Einblick in euer Abenteuer! Ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Berichte.
Liebe Grüsse
Sheila
Daniel Wulle
Vielen Dank für die informativen, ultraspannenden Berichte. So toll, euch zu erzählen hören.
Unglaublich, was ihr schon erlebt habt auf den ersten 1000km! Gratulation für das Durchhalten, Abenteuer-Pur, wohl wie es ihr euch vorgestellt habt…
Gestern war der erste richtig warme Frühlingstag. Fußball, Fahrrad fahren u.a. draußen war angesagt.
Andrin genießt es, nun so gut fahren zu können (mit Gang verstellen). Yanik war mit den Eltern am Frühlingsbasar im Altersheim in Stammheim (bei Idi). Jonas ist Happy wegen den Erfolgen des Fc Basel. Die Kids haben nun Ferien, ich bin auf dem Weg zur Arbeit… Gute Weiterfahrt… Dani & Co.
Christian
Was, schon wieder Ferien? 😉 Viel Spass euch allen, geniesst die Sonne!