Jetzt sind wir furt.ch!

Seidenstrasse

Ready for take off

Good morning, Ladies and Gentlemen! The furt.ch crew would like to welcome you aboard your Silkroad Express journey to Asia. Our travel time should be about one year. There are about 15’000 kilometers ahead of you. May we kindly ask you to fasten your shoelaces now, making sure they are pulled tight.

Nachdem wir eine Woche vor Abreise mit Freunden und Familie eine rauschende Abschiedsparty feiern durften, fand sich am Abreisetag eine kleine, muntere Truppe zum letzten Anstossen in Zürich ein. Ein herzliches Dankeschön, ihr habt uns eine grosse Freude gemacht! Und dass es sich einige nicht nehmen liessen, bei eher mittelmässigem Wetter ein Stück mitzufahren, ist das Tüpfchen auf dem i. Den goldenen Mitfahrwanderpokal geht an Alex für die Strecke Zürich-Rapperswil. Wer fordert ihn heraus und radelt woanders mit? Wir haben noch allerhand Strecken zu vergeben!

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In Rapperswil warten die ersten Fans (und der letzte Abschied), das alles bei einer feinen Pizza: das fängt ja hervorragend an! Gestärkt gehts weiter durch die (in Gülle getränkte! Wirklich!) Linth-Ebene, am Walensee entlang bis nach Walenstadt. Gegen Abend wird es empfindlich kühl und wir legen hier unseren ersten Halt ein. Knapp 100 km, das ist doch schon mal was auf dem langen Weg nach China!

Der nächste Tag bringt keine Wetterbesserung, und auch die Prognosen verheissen nichts Gutes. Wir wollen deshalb so weit wie möglich fahren, solange es zumindest noch trocken ist. Wir erreichen Klosters mit letzter Kraft und am Gefrierpunkt. Das letzte, steile Stück müssen wir illegal (ja, da hats so ein böses rotes Schild mit einem Velo drauf) auf der Hauptstrasse zurücklegen, da der Fahrradweg unten im Tal noch komplett verschneit ist. Aber der Wochenendverkehr mit all den Skifahrern rollt ja vorwiegend in die andere Richtung. Wir quartieren uns in der Jugi ein und beschliessen, das schlechte Wetter erst einmal auszusitzen.

Da wir immer noch unser Generalabonnement haben, lassen wir die Velos am Montag stehen, nehmen stattdessen den Zug und fahren zurück (!) nach Bad Ragaz, wo wir in der Therme gaaanz lange ausspannen. Dabei erlebten wir glatt den Sauna-Aufguss unseres Lebens. Saunameister Robert giesst dreimal mit Eis auf und wirbelt dabei herum, dass Uma Thurman von „Kill Bill“ Angst und Bange würde. Zum Glück ist Robert nur mit einem Tuch bewaffnet. 😉

Am Dienstag liegt frühmorgens noch mehr Schnee. Wir packen darum unsere Räder in den Zug und lassen uns kalorienfrei nach Scuol befördern. Hier schneit es zwar nicht mehr, aber ganz so anmächelig ists zum weiterfahren doch nicht. Also same same, ab in die Jugi (die übrigens wunderhübsch ist, können wir vorbehaltslos empfehlen) und gleich nochmals eine Wellnesspause einlegen. Bilanz nach drei Stunden Sauna im Bogn Engiadina: Ein Ort, an den man gerne zurückkehrt!

Mittwoch, der Tag unserer vorhergesagten Schönwetterlücke. Schon beim Frühstück ziehen die Nebelschwaden ab, und wir geniessen einen wunderbaren Blick auf die frisch verschneiten Berge. Wir satteln unsere Velos und folgen dem Inn runter bis zur Grenze, mitten durch die winterliche Bergwelt. Ein letztes Bild, Adieu Schweiz!

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Ins Südtirol gelangen wir bei Sonne über den Reschenpass, auf dem uns ein steter, eisiger Wind aus Süden den Meister zeigt. Das Wetter bleibt unbeständig und vor allem kalt, da sind wir umso dankbarer um ein wärmendes Bett – das Zelt lassen wir voerst mal eingepackt.

7 Tage unterwegs: Die Tops und Flops

Ganz oben auf unserer Hitliste steht nach sieben Tagen die Ausrüstung. Ganz nach dem Motto: „Öbs oooobe schnait und unde saicht…“ – alles hält dicht und warm! Ebenfalls top: Mit rekordmässigen 14 Grad und Sonne haben wir den wohl einzigen anständigen Abreisetag erwischt; wie wir hören, versinkt die Schweiz im Schnee. Zwar amüsiert, aber auch anstrengende Höhenmeter gekostet haben uns die zahlreichen verschneiten Velowege. Angefangen auf der Strasse nach Klosters, wo Velofahren auf der Hauptstrasse strikt verboten ist. Oder noch besser auf dem Reschenpass, wo wir nach einem Kilometer bei gefühlten 10 Prozent Steigung plötzlich verduzt mitten auf der Langlaufloipe stehen. Danke, Petrus, für „den kältesten März seit 26 Jahren“!

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In die Kategorie Flop gehört, dass wir nach wenigen Tagen zu Nadel und Faden greifen müssen: Im brandneuen und sonst tadellosen Merino-Handschuh finden wir bereits drei Löcher (nicht gut, lieber TRANSA!). Ein Bild für die Götter hingegen sind die Gesichtsausdrücke der Menschen, die uns unterwegs entweder beiläufig oder neugierig nach dem Wohin fragen. Ein älterer Herr in Niederurnen beäugt ganz interessiert unsere Räder und fragt, wohin wir wollen. Wir sehen es ihm an: Er erwartet irgendetwas in der Preisklasse Innsbruck oder Tessin. Als wir China sagen, ist ihm buchstäblich die Kinnlade heruntergeklappt.

Unerklärlich hingegen bleibt, weshalb wir kurz darauf trotz Wegbeschreibung des verdatterten Herrn und GPS-Guide komplett im Schilf landen. Als der Walensee einfach nie auftaucht, werden wir langsam misstrauisch und stellen fest: Wir sind auf bestem Weg… nach Glarus!

Die grösste Überraschung der letzten Tage sind die Schweizer Jugendherbergen! In unseren Köpfen sitzt wohl noch ein veraltetes Bild dieser Institution. Zumindest die Jugis in Klosters und Scuol sind sympathisch und mit bestem Service – und in Scuol sogar mit umwerfender Architektur. Weiter so! Absolut top sind auch die vielen Saunas auf unserem Weg, die uns die kaltgefrorenen Knochen am Abend wieder heizen. In insgesamt sieben Radeltagen haben wir immerhin vier Saunabesuche hingekriegt. Kleiner Geheimtipp: Der neugestaltete Saunabereich im Bogn in Scuol ist vom Feinsten. Inklusive Aufguss namens „Weisse Schokolade“… 🙂

Gekürt zum „besten Flop der Woche“ wird das Mittagessen in Landquart, bei dem ein Mitglied der Reisegruppe in die Jackentasche greift und was findet…? Den Hotelschlüssel aus dem 30 Kilometer entfernten Walenstadt! Zurückfahren oder nicht zurückfahren, das ist die heisse Frage…

Der absolute Top der Woche hingegen geht an unsere wunderbaren Gastgeber in Bozen. Nach anstrengenden 98 Kilometern, zuerst bei eisigem Gegenwind und dann bei Regen und eisigem Gegenwind, werden wir von den Eltern von Uli unglaublich herzlich empfangen und bewirtet: Danke Margot, Jörg, Uli, Claudia, Veronika und Michi für alles!

Bella Italia

Italia! Nur gut eine Woche dauert unsere Durchreise, und doch fühlt es sich an wie lange Ferien bei Freunden. Italien, die alte Bekannte, mit ihren vielen Gesichtern und Gegensätzen. Als Radfahrende werden wir hier mit Wohlwollen aufgenommen, denn die Italiener sind ja ganz angefressene Radsportler. Natürlich nicht so wie wir – mit viel Gepäck und schweren Velos -, sondern lieber mit dem schnittigen Renner, in hautengen sponsorenlogogespickten Shorts und Shirts, und am allerliebsten im Rudel. Dann fühlt Mann sich grad wie am Giro d’Italia! So flitzen sie an uns vorbei und fuchteln und rufen uns anerkennend zu. Oder fahren neben uns her und fragen nach dem Woher und Wohin. Die Vespafahrer tun das ebenfalls gerne und staunen ehrfürchtig, wenn wir als Ziel „Cina“ angeben. Dann brausen sie davon auf ihren wunderschönen roten, grünen, gelben oder braunen Vespas und wir dürfen noch eine Minute ihre unkatalysierte Abgaswolke geniessen.

Vermutlich ist Italien das Land mit der grössten Dichte an Fahrradwegtafeln, was nicht gleichbedeutend mit einem brauchbaren Radwegnetz ist. Immer in Dorfnähe beginnt so etwas wie ein Trottoir, das als offizieller Radweg deklariert wurde. Nur gibt es wohl ein Gesetz, das die Zufahrten zu den einzelnen Häusern zur Privatsache erklärt, weshalb der Radweg ungefähr alle 15 Meter kurz aufgehoben ist, ganz ordentlich mit einer grossen blauen Tafel beschildert. Gleich danach beginnt er dann von neuem, wiederum ganz ordentlich mit einer grossen blauen Tafel gekennzeichnet. Uns ists egal, denn erstens sind diese Radwege meist in einem noch schlechteren Zustand als die Strasse und zweitens enden sie oft recht abrupt und am völlig falschen Ort.

Überhaupt scheint es in Italien zwei Infrastrukturen zu geben: Die moderne Autostrada, die Frecciarossa-Hochgeschwindigkeitszüge, die mondänen Palazzi und Piazze in Städten wie Trieste, während draussen in den Provinzen alles lottert und bröckelt und die Fahrt auf der asphaltierten Strasse an eine Piste in der marokkanischen Wüste erinnert. Bezeichnend der Strassenarbeiter, der mit einem Kübel frischem Teer von Hand die gröbsten Schlaglöcher stopft. Aber kann es vielleicht sogar sein, dass gerade dieser Hauch von Zerfall den Charme der Städte und Dörfer ausmacht?

Hunde hat es auch eine Menge, auf jeden Einwohner geschätzte drei Stück. Glücklicherweise sind sie in eingezäunten Vorgärten und haben fürs Velofahrer-Ankläffen einen relativ eingeschränkten Wirkungskreis. In den Städten haben sich Gadgethunde à la Paris Hilton durchgesetzt, die das Frauchen in die Handtasche stecken kann, damit sie nicht von einer Taube gefressen werden oder bei Regen eine Erkältung kriegen. Ein weiterer Vorteil dieser Gattung Hunde ist, dass ihre Häufchen physiologisch bedingt wesentlich kleiner sind und somit weniger Schaden anrichten.

Stil muss sein, koste es, was es wolle. Wir fallen mit unseren Outdoor-Klamotten total aus dem Rahmen in einem Land, wo fast jeder und vor allem jede immer tiptop gekleidet herumspaziert. Zu Amusement unsererseits führt dies zum Beispiel am Lago di Caldonazzo, wo die junge Mama fürs Familienfoto auf ihren Stilettos im sumpfigen Boden beinahe festgesteckt ist. Wir müssen auf eine stilvolle Anpassung an die lokalen Sitten leider verzichten, verweisen aber gerne auf die Regeln, wie man gut angezogen à l’italienne daherkommt.

Und dann das Essen! Egal, in welche Bar man stolpert, immer gibts einen köstlichen Caffè. Frühabends dann Aperitivo, wo zum Aperol Spritz allerhand Häppchen gereicht werden. Pizza, Pasta, Risotto, Dolci – eigentlich sollten wir unsere Route anpassen und eben doch erst einen Giro d’Italia machen…

Nächster Halt… Wurzelbehandlung!?

Unsere Apotheke gleicht dem Reisegepäck einer durchschnittlich ausgestatteten Italienerin. Wir haben uns gegen vieles gewappnet: Magenverstimmng, Durchfall, Grippe, Fieber, Wunden, starke Schmerzen, Augenentzündung… Nur gegen eines nicht: Zahnschmerzen! Einen Monat vor der Abreise sind wir genau aus diesem Grund noch zum Zahnarzt. Dieser entdeckte beim Röntgen einen kleinen Schatten unter einer Füllung und hat deshalb kurzerhand, ohne zu fragen und ganz ohne Narkose, den Nerv angebohrt. (Beim Anblick einer Träne die erstaunte Frage: „Tut es weh?“ – „Ach nöö…“)

Eines schönen Tages, beim Frühstück im Südtirol, beisst Frau beim Zmorge auf etwas kleines hartes, und seither ist in diesem Rachen nichts mehr wie es war. Bei jedem kühlen Wässerchen, bei jedem kalten Luftzug (und den gibt es ständig) jault und heult der arme angebohrte Zahn. Frau ist besorgt, denn wie man hört, ist mit Zahnproblemen nicht zu spassen. Zudem möchte man in Ostanatolien oder in Usbekistan doch lieber nicht notfallmässig zu Zahnarzt, oder?

Als erste akute Notfallmassnahme spülen wir deshalb am Abend gründlich mit Grappa. Und siehe da: Es brennt wie zehn Fegefeuer, aber hilft. Da die Besserung jedoch leider nur von kurzer Dauer ist, schreibt Frau ihrem Zahnarzt des Vertrauens (naja) ein E-Mail: Für was bezahlt man ihn denn sonst so teuer? Die Antwort jedoch ist ernüchternd: „Sollten die Schmerzen in der nächsten Zeit nicht schwächer werden oder gar noch schlimmer werden, wird sich eine Wurzelbehandlung nicht vermeiden lassen.“ Wurzelbe…was???

Da ich grundsätzlich sehr an meinem dritthintersten Zahn oben links hänge (er heisst Franz), und ich gegen vorsätzliches Töten noch lebendiger Organismen bin (hihi), habe ich beschlossen, mir vorerst noch anders zu behelfen:

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Von rechts nach links: Killer-Mundwasser mit mindestens 94% Alkohol, Zahnseide (!), Buff als Zugluftmundschutz, Fluor-Gelée und Sensodyne, das Zahnhalswunder.

Übrigens möchten wir uns hiermit gleich auch als Markenbotschafter von Sensodyne bewerben (bitte an die geeignete Stelle weiterleiten). Wir haben an zahlreichen Orten kleine Shootings veranstaltet.

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Buzet mit Sensodyne! 🙂